Donnerstag, 31. Mai 2012

40. Gutsmuths-Rennsteiglauf am 12.05.2012 - 43,5 km - Marathon von Neuhaus nach Schmiedefeld mit Baby Paul

Vor 2 Wochen war es endlich soweit. Wir starteten mit Baby Paul im Tragegurt Manduca beim 40. Gutsmuths-Rennsteiglauf. Unser erster Lauf/ Wanderung über 43,5 Kilometer.

Seit einigen Wochen habe ich mit Hilfe eines Marathon Trainingsplan (Zielzeit unter 5 Stunden) an meiner Kondition gearbeitet. Ich habe 4 lange Läufe (18, 2x20 und 25km) und einen Halbmarathon Wettkampf (Berlin) absolviert.
Gerade die langen Läufe haben viel Kraft und Zeit gekostet. Teilweise bin ich sie mit Paul im Croozer gelaufen. Einen längeren Lauf habe ich sogar im Urlaub auf der AIDA auf dem Laufband zurückgelegt (15 km in 2 Stunden), was ich im Nachhinein schon recht extrem finde. Laufbandlaufen an sich ist ja schon eine Quälerei.

Zum Abschluss des Trainings wollte ich eine Woche vor dem Wettkampf mit Micha und Paul einen langen Kanten von 20 Kilometer laufen. Schön gemütlich und locker. Nach 500 Meter verspürte ich plötzlich einen stechenden Schmerz im Rücken und konnte keinen weiteren Schritt vor dem anderen setzen.
Ich konnte mich gar nicht mehr so richtig aufrichten und verharrte in gebückter Haltung. Sich hinzulegen und die Beine nach oben zu Strecken, löste den Krampf in keins der Weise. Es half alles nichts. Wir gingen wieder zurück und fuhren sofort zum Notarzt. Er diagnostizierte einen Hexenschuss und verabreichte mir eine leichte Spritze (da ich ja noch stille).
Montag ging ich zum Allgemeinarzt und bekam wieder eine Spritze, die alles lediglich betäubte, Dienstag verschrieb mir der Orthopäde Physiotherapie, welche ich täglich in Anspruch nahm.
Die Therapeutin machte mich in der Woche wieder fit und empfahl mir sogar nicht zu lange zu pausieren. Sie meinte es ist das Kreuzbein und nicht wie erst vermutet die Bandscheibe. Zum Glück.

Ich machte die empfohlenen Übungen und wagte Donnerstag ein leichtes Läufchen über 7 km. Es lief gut. Der Schmerz war geringfügig zwar immer noch da, aber es war nicht mehr so schlimm wie am Sonntag.

Am Wettkampftag standen wir in aller Frühe gegen 4:30 Uhr auf und wir machten uns auf den Weg nach Schmiedefeld. Dort parkten wir das Auto und fuhren um 6:30 Uhr via Bustransfer nach Neuhaus.
Eine Stunde später waren wir am Start, holten unsere Unterlagen und bereiteten uns in aller Ruhe vor. Es herrschte bereits reges Treiben und Hans im Glück heizte uns mit der Rennsteig-Hymne kräftig ein. Wir bekamen somit eine musikalische Aufwärmung.


Wir zogen mit Paul viele Blicke auf uns und alle fragten nur, läuft der Kleine mit? Wie macht Ihr das? Und meinten nur bewundernd, oh der jüngste Teilnehmer.


Am Start trafen wir auch Fred, der diesmal zum ersten Mal beim Rennsteiglauf den Marathon lief. Für Gudrun (seine bessere Hälfte und Supporterin) war nirgends zu sehen. Für sie wäre auf der anspruchsvollen Strecke der Support via Fahrrad etwas schwierig gewesen, deshalb meldete sie sich spontan für die 17 km Wanderung an.

Wir wünschten uns noch schnell einen guten Lauf und um Punkt 9 Uhr schickte uns der Hans auf die Strecke.

Wir waren mittendrin, über uns kreiste ein Hubschrauber und die Massen setzten sich in Bewegung. Bereits am Anfang kam ein Anstieg der die Läufer etwas bremste. Viele viele Läufer waren nun unterwegs und die Anwohner feuerten uns kräftig an.

Und immer wieder kam die Frage, ist das der jüngste Teilnehmer?

Als sich das Feld weiter auseinander zog, fanden wir so langsam unser Tempo. Es ging flott voran und wenn ich mit Micha und Paul nicht Schritt halten konnte, lief ich immer wieder zu den Beiden auf. 20 Schritte stramm gehen und 10 auflaufen.


Wir hatten einen guten 8 Minuten Schnitt pro Kilometer. Micha erhöhte unter diesen Umständen das Endziel: nicht nur vor 18 Uhr ankommen zu wollen, vor allem nicht als Letzter ins Ziel zu kommen.



Paul schlief immer mal wieder ein. Nach 15 km wurde er etwas ungeduldig und weinte. Ich lief vor und suchte einen geeigneten Stillplatz. Natürlich kam kein Rastplatz, wenn man ihn braucht und wir begnügten uns mit einem Baumstumpf.


Als ich alles abgelegt hatte und Paul entgegen nahm passierte es, dass er sehr unkonzentriert war und wenig trank. Die Bäume und alles um uns herum waren interessanter.
Somit packten wir alles zusammen und Micha setzte ihn in den Tragegurt! Wir überholten und wurden eingeholt.


Hier sind wir eine Weile mit dem ältesten Rennsteigläufer gewandert (links von Micha). Wir dachten erst, er hat seine eigenen Krankenschwestern dabei, Hans meinte aber vor dem Start, dass dieser von seinen Enkeltöchtern begleitet wird.

Paul blieb weiterhin unruhig und fing kurze Zeit wieder an zu weinen! Das Stillprozedere wiederholte sich. Hunger scheint es wohl nicht zu, dann ist es die Windel! Wir fanden einen kleinen Rastplatz nebst Wiese, wir zogen ihn aus und er wurde noch mürrischer und weinte kräftiger. Langsam wurde ich nervös und mir wurde jetzt der Grund seines Unwohlseins klar. Er hatte eiskalte Beine und Füße.
Bei dem Tragegurt ist es so, dass sich die Körper vom Tragling und Tragenden gegenseitig wärmen, allerdings durch die Anhockstellung der Beine an der Seite, eben diese herausragen. Wir hatten ihm 2 Paar Socken und darüber die Wollsocken angezogen. Die einfachen Socken schnürten am Bund und dadurch dass die Beine seitlich aus dem Manduca ragen, wirkte Dieser zusätzlich beengend.

Was sollten wir nun tun? Wir haben Paul erst einmal wieder warm eingepackt, und mit Michas Jacke zusätzlich die Beinchen gewärmt. Mit Jacke an den Beinen und erstmal ohne Tragegurt hat er ihn ca. 1 km getragen. Blöd nur, dass genau hier, das schwierigste Streckenprofil herrschte: Schotter und enge Wege erschwerten das Gehen, zum Glück ging es bergab. Ein Sanitäter meinte dann, dass in 500 Meter eine Gaststätte kommt. Hier wollten wir ihn und uns aufwärmen.

Irgendwann erreichten wir diese Hütte und ich war erstmal heilfroh! Paul entkleideten wir und wärmten die kleinen Füße.

Merke: man sollte immer eine Ersatzstrumpfi dabei haben!!!


Wir zogen ihn die Rennsteiglauftücher über die Beine und Füße, darüber die selbstgestrickten Wollsocken und wiederum darüber 2 Paar einfache Socken. Das musste reichen. Nun trank er auch wieder und machte nach dem Bäuerchen seine üblichen Krabbelspäße auf der Bank.
Uns fiel ein Stein vom Herzen und statt den Lauf hier abzubrechen, entschlossen wir uns weiter zu gehen!

Paul bekam noch ein Jäckchen drunter und diesmal zogen wir zusätzlich Michas Jacke über kleinen Beine und Füße.

Ab jetzt sollten Paul und Micha nur noch schwitzen.




Wir waren hier bei Kilometer 23. Nach Kilometer 26 hatten wir wieder unser Tempo und ich bat noch einmal bei Kilometer 30 um eine Fußüberprüfungspause. In Michas Augen war diese Pause mehr als überflüssig, da wir gerade einige stramme Walker und eine Läuferin einholten und unseren Vorsprung nun wieder abgeben mussten.

Mir wars egal, Hauptsache dem Baby geht's gut.


Stramm ging es weiter. Auf einmal wussten wir nicht mehr wo es lang gehen sollte und fragten einen Polizisten. Dieser gehörte mit zur Organisation und als wir ihn fragten, ob dieser Weg da der Richtige sei, meinte er zu uns "Jaja, aber was soll das mit ihnen hier werden? Das schaffen sie doch sowieso nicht mehr."
Total empört, erklärten wir ihm, dass wir bis 17 Uhr in Frauenwald (5 km vor dem Ziel) sein müssen und dass wir durchaus noch im Plan sind. Micha meinte wütend "wir haben derzeit eine Geschwindigkeit von 7-8 km/h, also langsam ist was anderes." Zu dem Polizisten gesellten sich jetzt die Schlussfahrer, auch Besenwagen genannt. Sie hatten unseren Argumenten nichts entgegen zu setzen und somit liefen wir weiter. Der Polizist versuchte uns zwar erneut zu verunsichern, in dem er sagte "die Läufer mit den Prothesen haben wir bereits rausgenommen", aber wir ließen uns nicht beirren und gingen unseres Weges.

Schnell holten wir wieder auf und waren nun nicht mehr die Letzten. Gerade die Anstiege waren unsere Stärken, die wir gekonnt nutzten. Wir überholten wieder die stramm fortschreitende Walkinggruppe.

In Frauenwald angekommen (natürlich vor 17 Uhr) wurden wir herzlich begrüßt und Micha ließ es sich nicht nehmen, sich mit dem angebotenen Bier zu erfrischen. Eine echte Ausnahme. Hier erhielten wir einen Wegestempel und sie feuerten uns für die letzten Kilometer weiterhin an.
Bei Kilometer 38 meldete sich erneut der Kleine. Diesmal war es wirklich der Hunger. Wir nutzten den nächsten Baumstumpf und mit der Jacke über uns, stillte ich ihn, er ließ sich nicht ablenken und trank.  Da waren sie auch wieder, die Walker.


Die Beinchen waren warm. Zum Glück, Paul ging es gut. Danach packten wir alles zusammen und setzten unsere Wanderung fort.


Die letzten Kilometer flogen nur so an uns vorbei, ein letztes Mal überholten wir die stramme Walker-Gruppe, sowie eine weitere Weggefährtin. In Schmiedefeld fing diese Verfolgerin auf einmal an zu laufen und ich formulierte für uns das Ziel, dass sie uns ja nicht noch einmal einholen sollte.


Jetzt ging es bergab und der Weg schlengelte sich. Uns kamen Läufer und Besucher entgegen. Wieder trafen uns die verwunderten Blicke. Nun ging es steil bergauf und der Schritt wurde immer schneller.
Endlich kamen wir oben an und somit auch auf dem Festplatz. Wir freuten uns, es endlich zu schaffen und auf den letzten Metern hörten wir unsere Namen.


Da war es, nach 43,5 km, das schönste Ziel der Welt. Schmiedefeld!!!

Toll - nach über 8 Stunden hatten wir es geschafft, wir haben geflucht, wir haben gebangt - und am Ende haben wir es tatsächlich geschafft.

Jetzt freuten wir uns natürlich auf die Medaillen. Leider wurden wir vertröstet, es waren einfach keine mehr da und man würde sie uns zuschicken.
Bei all der guten Organisation hatten sie jetzt einfach nicht genügend Medaillen, wer hätte das gedacht.

Wir gingen nach dem Lauf/ nach der Wanderung erstmal ins Festzelt, Hans im Glück war noch nicht da und somit suchten wir ein ruhiges Plätzchen im Duschzelt. Hier nahmen wir Paul aus dem Gurt und versuchten zur Ruhe zu kommen.
Wir sind einen Marathon gewandert und dass mit Baby Paul. Klar waren wir Sieger, aber die wahren Gewinner sahen wir hier in dem Zelt, die Supermarathonis!
Im Duschzelt humpelten sie durch die Reihen und leckten ihre Wunden, sie waren, wie wir fix und fertig, aber glücklich.

Nach der Pause gabs noch ein paar Waffeln und es ging ins Festzelt, um die Rennsteiglieder zu singen. Nur deshalb sind wir hier. Hans im Glück feuerte die Menge kräftig an (Zicke Zacke Zicke Zacke - hoi hoi hoi) und wir sangen die Rennsteiglauf-Hymne, den Schneewalzer und so schön ists nur am Rennsteig.


Es war herrlich und alle feierten kräftig mit. 

Was war das bloß für ein Lauf, wer hätte gedacht, dass wir das so gut meistern. Wir sind 43,5 Kilometer in einer Zeit von 08:06:20 gewandert/ halb gelaufen, also eigentlich mehr als einen Marathon. Dürfen wir uns eigentlich Ultraläufer nennen ;-)

Ob ich so eine Aktion noch einmal starten würde? Ich weiß es nicht, aber ich bin froh, dass Paul alles so gut mitgemacht hat. Jetzt bleiben uns fürs nächste Jahr die Familienwanderung, der Halbmarathon oder der ganz lange Kanten.


Um uns das zu überlegen, bleibt uns ja noch ein Jahr.

So schön ists nur am Rennsteig. 

2 Kommentare:

  1. Herzlichen Glückwunsch euch dreien zu der erfolgreichen Marathon-Wanderung! Das stelle ich mir noch viel anstrengender vor als den Marathon zu laufen! Nächstes Jahr wird Paul dann noch ein paar Kilo mehr auf die Waage bringen und die Wanderung damit bestimmt nicht leichter!
    Schade übrigens, dass wir uns hinterher nicht mehr gesehen haben!
    Sehr spannend geschriebener Bericht! LG Fred

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  2. Hi Fred,
    danke für die Lieben Worte, Du sagst es, es war wirklich anstrengend und beinahe hätte wir den Lauf abbrechen müssen. Zum Glück hat der Kleine dann richtig gut mitgemacht, er war ja doch die große Unbekannte bei dieser Aktion.
    Micha hatte ja außerdem auch ganz schön viel zu tragen, das 8 Kg Paket vorne zu tragen, ging zusätzlich auf den Rücken.
    Was wir nächstes Jahr machen, überlegen wir uns noch ;-)
    Liebe Grüße Antje

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